Unternehmenseinträge auf Wikipedia: Fragen an den Journalisten und Wikipedia-Autoren Markus Henkel
Image hin, Suchmaschinenmarketing her: Am Ende treibt die meisten Unternehmern vor allem Eitelkeit bei dem Wunsch, in der Wikipedia gelistet zu sein. Auch wenn Langlebigkeit (nicht nur) bei Technologie-Unternehmen mittlerweile eher selten geworden ist: Der Wille, etwas Bleibendes zu schaffen und in Erinnerung zu bleiben, ist nach wie vor eine starke Motivation für fast jeden Gründer. Und was ist in der heutigen Zeit eine deutlichere Hinterlassenschaft für die Nachwelt als ein Eintrag in der weltgrößten Enzyklopädie WIkipedia, auch wenn man nicht damit rechnen sollte, dass der Beitrag genauso oft gelesen wird, wie der über General Motors (1,6 Mio Leser jährlich) oder Wal-mart (1,4 Mio Leser jährlich).
Aber so einfach ist das leider nicht.
Die Relevanzkriterien
Wikipedia macht klare Ansagen, welche Unternehmnseinträge relevant sind und welche nicht. Abgesehen von bestimmten Branchen (z.B. Brauereien, Verkehrsbetriebe, Krankenhäuser oder Messen), für die gesonderte Anforderungen genannt werden, gibt es eine Auflistung eindeutiger Kritieren:
Unternehmen müssen.
- mindestens 1000 Vollzeitmitarbeiter haben oder
- einen Jahresumsatz von mehr als 100 Millionen Euro vorweisen oder
- mindestens 20 Betriebsstätten im Sinne von Art. 5 OECD-MA DBA besitzen (damit sind eigene Zweigniederlassungen, Produktionsstandorte, Filialen, Ladengeschäfte eingeschlossen, nicht jedoch unabhängige Handelsvertreter oder Vertriebspartner), und dabei mindestens zwei der drei in § 267 Absatz 2 HGB bezeichneten Merkmale überschreiten, oder
- an einer deutschen Börse im regulierten Markt oder in einem gleichwertigen Börsensegment in anderen Staaten gehandelt werden
Bis dahin ist es für jeden absolut eindeutig und nachprüfbar, ob ein Unternehmen bei Wikipedia gelistet werden darf oder nicht.
Ausnahmen, Tipps und Regeln – Fragen an Markus Henkel
Unternehmen können aber auch gelistet werden, wenn sie
- bei einer relevanten Produktgruppe oder Dienstleistung eine marktbeherrschende Stellung oder innovative Vorreiterrolle haben. Hier ist eine unabhängige Quelle erforderlich und es wird entsprechend kritisch. Was ist eine relevante Produktgruppe? Und was wird als unabhängige Quelle akzeptiert.
Hierzu habe ich den Wikipedia-Autoren und Journalisten Markus Henkel befragt:
Kannst Du dazu Beispiele nennen, wo Marktführerschaft oder innovative Vorreiterrolle nachweisbar waren/sind und durch wen?
Was Wikipedia genau damit meint, wissen die werten Herren wahrscheinlich selbst nicht. Tatsächlich ist das ja grundsätzlich eher bei den kleinen Unternehmen der Fall. Sie werden dann wegen ihrer Innovation und des kleinen Budgets von den Großen geschluckt. Danach herrscht meines Erachtens automatisch die erwähnte Marktführerschaft. Einen entsprechenden Fall würde ich mit dem „Etherpad“ beschreiben. Das Tool wurde 2008 veröffentlicht und hatte einen innovativen Status. Dann kaufte Google das Unternehmen, stellte die Entwickler kurzer Hand bei sich ein und präsentierte 2009 Google Wave. Warum allerdings diese Verknüpfung wenig Beachtung bei der Wikipedia-Gemeinschaft erhält ist mir schleierhaft – lediglich die Übernahme wird erwähnt.
Wenn man sich auf die Marktführerschaft in einem relevanten Bereich berufen kann, was empfiehlst Du: Ist es besser, zunächst einen erfahrenen Wikipedianer anzusprechen oder ist es besser, wenn man sich selber um den Eintrag bemüht? Und wenn ersteres: Wie findet man diesen? Wie spricht man sie an, ohne zu nerven? Sind das die Aufgaben der PR-Abteilung und der Agentur?
Will man einen eigenen Eintrag, lernt man das Drumherum am besten selbst. Die Transparenz der Enzyklopädie ist ja keine Hexerei. Ich selbst habe mich da auch mit einigen Einträgen hineingefuchst. Einfache HTML-Kenntnisse reichen bereits aus und die fehlenden schaut sich der Autor von anderen Einträgen ab. Mit ein wenig Übung steht der erste Text bereits nach wenigen Stunden, die ersten Kommentare und Text-Anmerkungen allerdings auch.
Zu Anfang wird hauptsächlich an einer sachlichen Formulierung gefeilt. Agenturen würde ich aus genau diesem Grund nicht engagieren. PR-Agenturen, die in jedem Eintrag einen Mehrwert des Produkts sehen, schreiben auch so. Die Kontrolleure der Wikipedia wissen das und erkennen solche Texte fast immer – bei einigen sorgen dann Kommentare der Leser dafür, dass erneut kontrolliert wird. Agenturen zu finden wird nicht allzu schwer sein. Viele prostituieren sich meist schon für weniger. Eine gute Agentur zu finden, die ehrlich an die Sache geht, ist meist ein unmögliches Unterfangen – auch weil der Kunde König ist. Aber dahingehend lasse ich mich gerne eines Besseren belehren. Wenn ich Unternehmen und Organisationen in die Wiki bringen soll, sind zuvor lange Gespräche sinnvoll. Die Job-Absage ist hinsichtlich der unterschiedlichen Auffassungen keine Seltenheit. Der Autor soll ja auch dazu beitragen, Information bereitzustellen. Darf er das nicht, liest sich der Artikel auch so. Die Quittung: die Löschung des Artikels.
Wenn man die Kriterien erfüllt: Was gehört unbedingt in einen Beitrag und was auf keinen Fall? Wie viele Bilder sind üblich? Sollten Sponsoring-Maßnahmen erwähnt werden oder eher nicht?