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O du fröhliche CCCongresszeit!


#35C3 in Leipzig.

Zum 35. Mal fand zwischen den Jahren der Chaos Communication Congress (35C3) statt, zum zweiten Mal in der Messe Leipzig und auch ich war zum zweiten Mal dabei. Vier Tage lang tauchten wir – das heißt: ich und 15.999 weitere Besucher, die die Zeit zwischen Weihnachten und dem Jahreswechsel Lust auf wenig Schlaf und viel Input hatten – in eine andere, scheinbar bessere Welt. Es galt, Themen aus IT, Gesellschaft, Politik und Kultur zu sprengen, zu vereinen und an sich das Miteinander und die Welt zu verbessern. Oder wie es offiziell auch heißt: die internationale Hackerszene traf sich zu mehr als 160 Vorträgen und Workshops. Das wird der Veranstaltung leider wenig gerecht. Gleich vorab mein eindeutiges Fazit: eine ziemlich gelungene Sache!

 

Eine wachsende Familie mit Geschichte

Vor Leipzig war das CCC-Jahrestreffen bereits in Hamburg und Berlin – eine lange Geschichte, bei der ich ganz sicher nicht diejenige bin, die ein überblickendes Urteil der Kongressreihe – angefangen bei den familiären Momenten, damals als man noch Nische und unter sich war – fällen könnte. Wovon ich aber erzählen kann und möchte, ist von dem 35C3, so wie ich ihn erlebt habe. Außerdem liegt mir dabei besonders am Herzen mit kleinen und großen Vorurteilen, die ich oft im Zusammenhang mit der Veranstaltung zu Ohren bekomme, aufzuräumen.

 

Das Programm so vielfältig wie die Community vor Ort

Beginnend mit Klassikern wie dem Jahresrückblick des CCC und gesellschaftspolitischen Status-Updates verschiedenster Vereine und Initiativen, überraschte in diesem Jahr wieder die ein oder andere niederschmetternde Analyse von Schwachstellen in bestehenden Systemen. Die Medien griffen dabei vor allem Themen wie die elektronische Gesundheitsakte und einen Hack der Venenerkennung auf. Man könnte aber noch so viele weitere Talks empfehlen: Spracherkennung bei Asylentscheidungen, OpSec für Datenreisende, Fernsehrat, Best of Informationsfreiheit… (alles unter media.ccc.de nachzuschauen!). Doch der CCC wäre nicht der CCC würde er nicht auch gleich Lösungen und Hilfe bei der Fehlerbehebung mit anbieten.

Ähnlich ging man die Sache im Bereich Entertainment an. Gleich am ersten Abend unterhielt Kabarettist Nico Semsrott eine Stunde zum Thema „Freude ist nur ein Mangel an Information“ und gab dem Publikum eine ordentliche Portion Moral und Selbstreflexion mit in die Nacht. Schließlich geht es auch um Nachhaltigkeit. In dieser Konsequenz widmete der 35C3 auch den nächsten Generationen viel Aufmerksamkeit. Egal ob Anfänger, Junghacker oder Fortgeschrittene, jeder darf Schlösser knacken, löten, programmieren und ausprobieren, was und wo sie/er will. Alles in allem gestaltete das Publikum ein sehr buntes Kongressbild. Kinder wie Erwachsene fuhren begeistert auf mit LEDs geschmückten Bobby Cars oder elektrisch fahrbaren Mate-Getränkekisten von Messehalle zu Messehalle. Keiner fühlte sich gestört, alle erfreuten sich an der Sache. So schafft sich jeder seine Spielwiese, bereitet anderen Raum für Kreativität oder man findet in einem gemeinsamen Projekt (ich saß beispielsweise plötzlich am Schlagzeug einer Band) zusammen.

 

 

Ein harmonisch funktionierender Mikrokosmos

Insgesamt muss man die effiziente Lösungsorientierung der gesamten Veranstaltung positiv loben. Ein System von freiwilligen „Engeln“ sicherte den reibungslosen Ablauf vom Einlass über den Aufbau und die Technik bis hin zur individuellen Hilfe bei Konflikten oder Problemen. Die Hingabe und das Engagement der Ehrenamtlichen sind überwältigend, stecken an, wirken überraschend auf Außenstehende. Trotz oder gerade weil der Chaos Communication Congress mit jedem Jahr wächst, werden die Abläufe um ihn herum immer ausgefeilter. Zumindest an den Stellen, an denen es unvorteilhaft wäre, ist keine Spur von Chaos oder Stereotype von unsozialen Nerds oder gar kriminellen Hackern zu finden. Ganz im Gegenteil, die Welt scheint umgekehrt. Der Abschied aus so viel Harmonie und selbstverständlicher Rücksichtnahme fiel nicht leicht. Nach vier erkenntnisreichen Tagen mit vielen Eindrücken stolperte ich also zurück in die Realität und dort auch gleich in ein neues Jahr. Auf eine neue Runde!



Über Alumni Fisch

Artikel unserer ehemaligen Kolleginnen und Kollegen. Danke für die tolle Zeit mit Euch!


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