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Fische im Netz.Werk: Das 2. Agenturtreffen Mitteldeutschland

, 06.07.2011,

Als uns im vergangenen Jahr die Leipziger Online Marketing Agentur Projecter ansprach, ob wir uns vorstellen könnten, die Ausrichtung eines Agenturtreffens für Agenturen aus „Mitteldeutschland“ als Kooperationspartner mitzugestalten, haben wir nicht lange überlegt. Auch bzw. gerade weil unser Fokus eher national ist, wir bis dato jedoch in mehr internationale Projekte eingebunden sind als in solche mit Schwerpunkt Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen. Die Vermutung, dass sich zwischen Magdeburg, Eisenach und Görlitz wesentlich mehr innovative und sympathische potentielle Partner tummeln, hat sich beim ersten Treffen eindeutig bestätigt.

Die zweite Auflage des Agenturtreffens fand am vergangenen Freitag, dem 01.07.2011 statt und hat im Vorfeld einiges an Arbeit gekostet. Schließlich will man ja die Fehler (unglückliches Catering, mangelnde Zeit zum Netzwerken) der Premiere vermeiden und neue Ideen umsetzen. Es durften außerdem gern ein paar Teilnehmer mehr sein, denn auch Nischen-Agenturen haben halt durchaus Wachstumsgene im Blut. Mit 130 Agenturvertretern und einem Hund hat das auch ganz gut geklappt.

Während die Fahrgemeinschaft Äußere Neustadt sich noch bei Schoko-Croissant und Kaffee auf den Tag vorbereitete, war das Projecter-Team schon fleißig, was zu einer absolut reibungslosen Empfangssituation führte. Da habe ich schon professionellere Ausrichter bei kleineren Events scheitern sehen. Alles war bestens vorbereitet und irgendwo war immer ein freundlicher Helfer in Blau zu finden. Hut ab vor so viel Agentur-Engagement!

Nach einer kurzen Begrüßung erwartete die Teilnehmer bereits das erste Highlight des Tages. Prof. Wippermann, Trendforscher und Experte für Kommunikationsstrategien für trendgestütze Markenführung, zeigte  in seinem Vortrag „Warum die Kreativwirtschaft ihren Charakter verliert und an Bedeutung gewinnt“ fundiert und unterhaltsam theoretische Grundlagen und konkrete praktische Beispiele für die Entstehung von Kooperationsnetzwerken auf allen Ebenen, von Forschung und Entwicklung über Vermarktung und Vertrieb bis zur Informationspolitik auf Seiten der Konsumenten. (Am Rande: Zur kooperationsorientierten Forschung und Entwicklung hatte ich erst eine Woche vorher eine tolle Session zu Open Innovation bei Bayer auf der C’n’B gehört. Ja! Auch und gerade bei den großen Konzernen gibt es bereits sehr klar definierte und funktionierende Beispiel). Wippermann ging dabei vor allem auf erfolgreiche, webbasierte US Startups der letzten Stunde ein und hat eine sehr coole Auswahl getroffen (Viewdle Desktop/ Kosmix u.a.). Dabei sollte auch der letzte konservative Werber (wenn denn anwesend) im Saal kapiert haben, wohin der Hase läuft und dass das „Social Web“ nicht gleich Facebook ist. Hoffe ich jedenfalls…

(Fischige) Sessions & Workshops

Anschließend konnten sich die Teilnehmer für einen von jeweils drei parallel laufenden Workshops entscheiden, die größtenteils von Agenturen selbst geleitet wurden. Dabei ging es von Führungstechniken bis zur Arbeit mit Google-Display, von Soundbranding bis F-Commerce.

Die Fische hatten diesmal sogar zwei Sessions und beide waren auch ziemlich gut besucht. Danke dafür! Jan hat ein wenig aus dem Nähkästchen geplaudert, wie die Fische immer internationaler geworden sind und ich habe gemeinsam mit dem auf Medien- und IT-Recht spezialisierten Rechtsanwalt Bernhard Kelz versucht, die Taktiken und rechtlichen Aspekte des Guerilla Marketings zu veranschaulichen.

Über Jans Vortrag schreibt Steffi:

Ich fand es sehr spannend, mal einen Überblick zu bekommen über die Entwicklung der Frischen Fische im internationalen PR-Betrieb. Zusammen mit den Dingen, die ich schon vorher wusste, hat das meinen Blick auf die inhaltliche und professionelle Entwicklung der Firma erweitert und geschärft. Besonders interessant fand ich Jans Darstellung der jeweiligen Eigenheiten der Länder: wer sich immer als letztes in die Telefonkonferenz einwählt, welche Zahlungsmentalität wo herrscht…allsowas. Dass die Führung einer PR-Agentur großes Organisationstalent und vor allem Know-How, Geduld und Feingefühl erfordert, war mir zwar schon vorher klar – aber Jans Vortrag zur Internationalisierung hat das noch mal illustriert und nachhaltig bestätigt.

Zu meinem Vortrag gibt es später vielleicht ein Video (Mein Style-Agent hat noch keine Freigabe erteilt) und auf jeden Fall noch Handouts von Bernhard. Meine Präsentation kann ich leider nicht zeigen. Von den gezeigten 50 Bildern habe ich nur an einem einzigen die Rechte und das zeigt einen klitzekleinen Seitenhieb an eine nicht anwesende Dresdner Agentur als Beispiel für harmloses, zahnloses Ambush-Marketing.

Speed-Dating & Networking

Neu war die Rubrik Speed-Dating und das wurde durchaus gut genutzt. Spätestens da hatte ich für mich persönlich einen Wunsch für zukünftige Agenturtreffen formuliert: weniger Workshops, mehr Arbeitskreise, mehr Diskussionen, mehr Bier. In der abschließenden Podiumsdiskussion stellte sich heraus, dass ich damit nicht so ganz alleine bin.

In der Podiumsdiskussion ging es um unsere Situation am Standort Mitteldeutschland, dessen Stellenwert in der Marketingbranche und Ideen, wie man gemeinsam eine Verbesserung erzielen kann. Als klare Defizite wurden im Vorfeld und zu Beginn vor allem genannt:

  • Wenig zahlungskräftige und innovative Kunden
  • Geringe Wertschätzung der mitteldeutschen, mittelständischen Unternehmen für Marketing
  • Daraus resultierendes Preisdumping vor allem unter kleinen Agenturen und Freelancern
  • Den Full-Service-Agenturen fehlen gut ausgebildete Talente
  • Für den Nachwuchs sind Kunden, Aufstiegsmöglichkeiten und Standortfragen selbst bei gleichen Gehältern nicht interessant genug

Im Grunde waren sich alle Beteiligten einig, dass man an einigen Punkten gemeinsam Dinge drehen kann. Dazu wollen sich kurzfristig kleinere Arbeitsgruppen bilden. Punkte, die dort besprochen und geplant werden könnten:

  • Ein Crossmedia-Award für Studenten, um junge Talente rechtzeitig zu erkennen und so vielleicht zu halten
  • Ein Negativ-Award für Websites mitteldeutscher Unternehmen, um diese ein wenig wachzurütteln. Gewählt werden könnten dabei durch die Agenturvertreter zum Beispiel die abscheulichste Website Sachsens, Sachsen-Anhalts und Thüringen in den Kategorien Design, Text, Usability und Sichtbarkeit (SEO/SEM). Eine preiswerte, PR-wirksame Maßnahme, die Unternehmen unter Zugzwang setzen kann.
  • Stipendien für den Nachwuchs. Zum Beispiel an der Leipzig School of Media. Herr Geffken hat diesbezüglich bereits einige praxisorientierte Ideen.
  • Engere Kooperation mit technischen Hochschulen, um technische Innovationen im Marketing voranzutreiben
  • Kooperative Durchführung von Kampagnen für Non-Profit-Organisationen oder Startups, bei denen (nicht nur) der Nachwuchs sich „austoben“ kann, um Kreativität unabhängiger von drängelnden und ängstlichen Kunden auf die (digitale oder asphaltierte) Strasse zu bringen

Ich bin sehr gespannt aber durchaus zuversichtlich, ob und wie so eine Zusammenarbeit funktionieren kann. Kann das (auch langfristig) informell laufen? Reicht eine gemeinsame Webplattform oder muss man einen Verband gründen? Wir werden sehen. In jedem Fall ist der Grundstein gelegt. Und dafür gebührt Projecter als Initiator und treibende Kraft ein riesengroßes Dankeschön. Genau wie allen Rednern und Sponsoren!

PS: Der Name Mitteldeutschland stößt übrigens auf eine durchaus breite Ablehnung. Niemand wollte sich mit dem Kunstbegriff identifizieren, kaum jemand hielt es für möglich, der Marke Mitteldeutschland ein frisches Gesicht zu geben. Das kann am gleichnamigen Sender liegen. Muss es aber nicht. Dazu lieber mehr an der Bar! Wenn ihr mal in Dresden seid, klingelt doch einfach durch.



Über Sebastian

Sebastian ist Creative Director und kommt ursprünglich aus der Musikbranche, wo er sich sehr früh der Arbeit mit social networks gewidmet hat. Bevor er zu den Frischen Fischen stieß, hat der studierte Betriebswirt fünf Jahre für die Mobile Marketing Agentur Goyya Kampagnen konzipiert und betreut. Sebastian ist passionierter Kinder- und Jugendfußballtrainer.


Ein Kommentar


  • Leider konnten wir diesmal nicht mir dabei sein, aber es liest sich sehr spannend, was dort geboten wurde.
    Mitteldeutschland, das ist eine lange Geschichte um diesen Begriff und die fehlende Identifikation damit. Ich sehe da durchaus Potential drin, denke aber auch dass sich eher etwas anderes als Namen finden lassen sollte.
    Ich hoffe beim nächsten mal sind wir auch mit an Board.

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