Die gesunkene Reichweite von Facebook Postings und die Möglichkeit, sich Reichweite durch sogenannte „sponsored Posts“ zurückzukaufen, ist derzeit das Social Media-Thema schlechthin. Dabei war die Überarbeitung des Algorithmus dringend nötig und zwar nicht (nur) aus kommerziellen Gründen.
Statusmeldung Overkill – Wir sind doch selber schuld
Schuld sind ja vor allem die, die jetzt am lautesten schreien. All die Fleischer, Tankstellen, Online-Shops und der VFL Wolfsburg, die meinen, man müssen jeden einzelnen Tag eine (oder zehn!) Meldung absetzen. Dabei hatten wir deren Seite doch nur geliked, weil die Cousine dort arbeitet oder die mal dieses coole Gewinnspiel hatten. Wer als privater Nutzer mehr 100 Seiten geliked hat, kommt schnell auf eine Anzahl von kommerziellen Statusmeldungen, die denen der originären Statusmeldungen der eigenen Freunde in ihrer Anzahl kaum nachstehen. Ich sage bewusst kommerziell, denn auch Statusmeldungen wie „Guten Morgen“ oder „Wie fandet ihr den neuen Tatort“ sind kommerzielle Statusmeldungen, wenn sie von einem Unternehmen kommen. Unsere Walls werden also nicht zu überfüllten Werbe-Feeds – sie waren es schon immer.
Am Rande: Facebook selbst postet maximal einmal in der Woche eine Statusmeldung der offiziellen Fanseite. Und sage keiner, die hätten nicht jeden Tag was zu erzählen.
Facebook muss also reagieren, um den Newsfeed der Nutzer „sauber“ zu halten. Ansonsten würden wir erschlagen von Guten Morgen-Grüßen, flachen Witzen, langweiligen Sparangeboten oder billiger Call2Action-Versuche. Seit jeher sorgt dafür der so genannte EdgeRank. Mit diesem Algorithmus regelt Facebook, wem welche Statusmeldung angezeigt wird. Zugrunde liegen auf jeden Fall die Anzahl der eigenen Interaktionen mit der Seite (Likes, Shares, Kommentare, vielleicht Aufrufe), der Beliebtheit der Statusmeldung (je mehr Interaktion allgemein, desto größer wird – dynamisch – die Reichweite), wenn es gut gemacht ist auch Elemente des eigenen Netzwerks (wie viele meiner Freunde sind mit der Seite verbunden, wie oft haben sie interagiert, wie oft mit entsprechender Meldung).
Jetzt wurde dieser Algorithmus noch einmal verschärft und gleichzeitig das Prinzip „sponsored Posts“ ausgeweitet, mit dem Fanpage-Admins die Reichweite ihre Statusmeldungen erkaufen können. Das sorgt für Aufregung („Paywall“ „beeindruckender Eingriff in die Informationsfreiheit„) und funktioniert außerdem (noch) nicht besonders gut. Aktiven Nutzern wie mir wird das Posting eines deutschen Hotelvermittlungsportals jeden Tag zwei bis drei Mal angezeigt, passiven Nutzern, die sich im Zeitraum der Kampagne nicht angemeldet haben, weiterhin nicht. Dass damit große Marken bevorzugt werden, widerlegt Thomas Hutter in seinem Blogpost zum Thema. Der oben verlinkte Artikel von Christoph Buggisch („Das asoziale Netzwerk“) ist trotzdem unbedingt lesenswert und sein Fazit (Bloggen is king) teile ich unbedingt. Aber: Der Vorwurf, Facebook beschneide die Informationsfreiheit, greift höchstens dann, wenn man das Liken einer Seite als Abonnement aller Meldungen begreift.
Beschneidung der Informationsfreiheit?
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